Blog-Layout

Stufen

Judith Winter • Sept. 17, 2021
Es ist Freitag. Endlich. Hinter uns liegen herausfordernde Wochen und auch wenn sich mit Blick auf die nächsten Monate die Inhalte ändern, der Workload bleibt gleich: Hoch!

Es ist der reine Wahnsinn, wie die Zeit vergeht. Im Januar 2022 wird AußerGewöhnlich fünf Jahre alt. Ich erinnere mich noch gut an mein erstes Büro im Dienstleistungszentrum Oldenburg. Nur ich und meine AZAV-Zertifizierung. Dann ging alles ganz schnell. Wir haben ein unglaubliches Wachstum erlebt und aktuell schauen wir auf 20 Außenstandorte, an denen überall Menschen dabei unterstützt werden, ihren Traumjob zu finden. Was für eine Entwicklung.

Wenig überraschend, dass diese Zeiten viel Kraft gekostet haben und es eine echte Herausforderung war, mit den Entwicklungen mitzuhalten. Ein Beispiel: Wir alle kennen die Aussage „schwindelerregende Zahlen“. Ich habe das immer für eine Floskel gehalten – bis ich zum ersten Mal erlebt habe, wie sich  beim Blick auf die Personalkosten alles gedreht hat. Inzwischen werde ich besser: Jeden Monat bin ich zwar noch immer geschockt, aber ich weiß auch, dass es funktioniert und vor allem, dass meine Mitarbeitenden jeden einzelnen Cent wert sind.

So eine Entwicklung kann Angst machen, so wie jeder nächste Schritt Angst machen kann. Wir verabschieden heute unsere Praktikantin Melanie, die ihr sechsmonatiges Berufspraktikum zur Kauffrau für Büromanagement bei uns absolviert hat. Der Abschied fällt uns allen schwer. Für sie ist es besonders herausfordernd: Sie macht jetzt noch den letzten Teil Schule und steht dann vor der Aufgabe, sich ihren ersten richtigen Job zu suchen. Natürlich haben wir ihr tolle Bewerbungsunterlagen fertig gemacht, aber der finale Erfolg liegt in ihrer Hand.

Ich bin mit ihr das Gedicht „Stufen“ von Hermann Hesse durchgegangen. Dieses Gedicht hilft mir immer wieder, den nächsten Schritt in Angriff zu nehmen. Es geht darum, dass wir in unserem Leben verschiedene Räume durchschreiten. Jeden dürfen wir genießen, aber wir sollten es uns darin nicht zu gemütlich machen, sondern immer wieder bereit sein, den nächsten Raum zu betreten und durch diese kommenden Erfahrungen weiter zu wachsen. Am bekanntesten ist wahrscheinlich folgender Satz aus dem Gedicht: „Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt, und der uns hilft zu leben“. Ein nächster Schritt muss also keine Angst machen – er soll uns bezaubern und dahin führen, das unser Leben noch lebenswerter wird.

Ich hatte heute ein Gespräch mit einer Bekannten, die seit 10 Jahren im gleichen Unternehmen arbeitet. Sie ist dort nicht wirklich glücklich, aber sie traut sich auch nicht, einmal die Fühler nach neuen Möglichkeiten auszustrecken. Ich kann dazu nur sagen: Trau dich! Schau dich um! Man muss ja nicht das Erstbeste nehmen, aber wenn man gar nicht sucht, wird man mit großer Sicherheit auch nicht das Richtige finden.

Ich habe keine Ahnung, wo ich am Ende meines Lebens stehen werde. Aber ich hoffe, dass ich viel von dem erlebt, erfahren, erreicht, gelernt, gefühlt habe, was möglich ist. Ja, es kostet Kraft, es verlangt Mut und hin und wieder scheitere ich. Aber ich glaube trotzdem, dass sich der Aufwand lohnt. Ich will mich vom Neuen  bezaubern lassen und sehen, was das Leben für mich bereithält.

Und für alle Poesiebegeisterten unter uns, hier noch einmal in voller Länge „Stufen“ von Herrmann Hesse:

Stufen
Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
In andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.

Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
An keinem wie an einer Heimat hängen,
Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
Er will uns Stuf‘ um Stufe heben, weiten.
Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.

Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
Uns neuen Räumen jung entgegen senden,
Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden…
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!
(4. Mai 1941)


von Judith Winter 17 März, 2022
Mozartkugeln sind wirklich lecker, aber langfristige Lösungen brauchen doch noch etwas mehr... MEHR!
von Judith Winter 11 Okt., 2021
Einmal kurz nicht aufgepasst und schon stehen wir mit den Füßen im Moor und gehen langsam unter. Das ist zwar blöd, muss aber nicht so bleiben! Der feste Untergrund ist manchmal näher als man denkt.
von Judith Winter 06 Sept., 2021
Warum es sich lohnt nicht immer alles selber zu machen.
von Judith Winter 24 Juni, 2021
Selbstoptimierung ist lobenswert - aber wenn man dabei sich selbst aus dem Blick verliert, dann bringt das am Ende auch nicht viel.
von Judith Winter 30 Apr., 2021
Sich einen Traum zu erfüllen ist anstrengend. Aber wenn er erreicht ist, geht die Arbeit erst richtig los! Das kann einem echt die Laune verderben, oder?
von Judith Winter 21 Apr., 2021
Einmal um den See laufen? Ganz schön weit! Aber wenn man bedenkt, wie viel Schönes man auf dem Weg erleben kann, wie stolz und fit man wird - dann lohnt sich die Mühe vielleicht doch, oder?
von Judith Winter 24 März, 2021
Guter Rat ist manchmal wirklich teuer - aber in seiner Wirkung ist er unbezahlbar.
von Judith Winter 16 März, 2021
Warum es sich lohnt kurz innezuhalten und zu überlegen, warum ich meinen Zielen hinterherrenne.
von Judith Winter 17 Feb., 2021
Das AußerGewöhnliche ist meistens näher als du denkst - entscheidend ist, ob du es sehen kannst.
von Judith Winter 11 Feb., 2021
Bist du ein Amateur oder machst du tatsächlich einen Unterschied? Eine spannende Frage - vor allem, wenn wir vor einem Personaler oder Kunden stehen.
Weitere Beiträge
Share by: